Transplantation

Lebertransplantation bei Erwachsenen

Eine Lebertransplantation kann aufgrund einer nicht rückbildungsfähigen, fortschreitenden vital bedrohlichen Lebererkrankung, wenn keine akzeptable Behandlungsalternative besteht und keine Kontraindikationen für eine Transplantation vorliegen, indiziert sein. Hierbei kann es sich sowohl um einen akuten Leberausfall als auch um eine chronische Lebererkrankung handeln.

Folgende Erkrankungen können durch eine Lebertransplantation erfolgreich behandelt werden:

1. Leberzirrhose bei

Virushepatitis B, C, D; Autoimmunhepatitis, alkoholtoxisch, kryptogen

2. Cholestatische Lebererkrankungen

primär biliäre Zirrhose (PBC), primär sklerosierende Cholangitis (PSC) Gallengangsatresie, sekundär biliäre Zirrhose

3. Genetische/Metabolische Lebererkrankungen

Alpha-1-Antitrypsin-Mangel, Hämochromatose, Tyrosinämie, Zystenleber u.a.

4. akutes Leberversagen

Akute Virus-Hepatitis, M. Wilson, Budd-Chiari-Syndrom, Intoxikationen, HELLP-Syndrom

5. Maligne Tumoren

Hepatozelluläres Karzinom, epithloides Hämangio-Endotheliom, Hepatoblastom, Leber-Metastasen neuroendokriner Tumoren

6. Sonstige

Chronisches Budd-Chiari-Syndrom, Leberversagen bei Kurzdarmsyndrom u.a.


Wie erfolgt die Organzuteilung

Die Bundesärztekammer hat im Transplantationsgesetz von 1997 die Richtlinien zur Organvermittlung klar definiert. Sie beruhen auf den Grundsätzen der Erfolgsausicht, Dringlichkeit und Chancengleichheit. Es besteht eine bundesweite einheitliche Warteliste. Alle Patienten sind bei Eurotransplant gemeldet. Über diese Institution erfolgt die Verteilung der Organe.
Seit Dezember 2006 wird der MELD Score als Basis der Zuteilung von postmortalen Organspenderlebern angewendet. Das allgemeine Prinzip, dem MELD folgt, ist das sog. ‚sickest first’-Prinzip, d.h. Empfänger mit den schwersten Lebererkrankungen, gemessen durch den MELD Score, erhalten zuerst ein Organangebot, so dass deren Risiko, auf der Warteliste zu versterben so gering wie möglich gehalten wird. Der MELD Score wird aus 3 Werten nach einer speziellen Formel berechnet. Hierbei handelt es sich um das Kreatinin im Serum (zeigt im Blut die Funktion der Niere an), das Bilirubin im Serum (Parameter für die Leberfunktion) und die INR (zeigt die Syntheseleistung der Leber für Gerinnungsfaktoren an). Aus der Höhe des MELD Score ergibt sich die 3 Monats-Überlebenswahrscheinlichkeit ohne Transplantation. Je höher dieser Score (6-40) ist umso geringer ist das Überleben ohne Transplantation.


Leberlebendspende

In manchen Fällen ist es möglich, einen Leberlappen bei einem gesunden Spender zu entnehmen und dem Patienten mit der Lebererkrankung zu transplantieren. Diese Methode wird vor allem in der Kindertransplantation angewendet, ist aber auch bei Erwachsenen nach strenger Indikationsstellung möglich. Durch das Transplantationsgesetz ist vorgeschrieben, dass als potentielle Spender jedoch nur Verwandte und nahestehende Personen in Frage kommen. Ein Vorteil dieser Methode ist die gute Planbarkeit des Eingriffs, ein Nachteil ist das potentielle Risiko für den Spender.


Praktisches Vorgehen

Wenn im Universitätsklinikum Bonn ein Patient vorgestellt wird, bei dem die Notwendigkeit einer Lebertransplantation besteht, so wird dieser nach der Durchführung von genau vorgegebenen Untersuchungen in unserer interdisziplinären Transplantationskonferenz besprochen. Hier erfolgt nach gemeinsamem Beschluss die Aufnahme auf die Warteliste und die Meldung an Eurotransplant. Nach der Listung kann der Patient, je nach Schwere seiner Lebererkrankung, entlassen werden. Wichtig ist hier jedoch der enge Kontakt zwischen Patient, Hausarzt und Transplantationszentrum.
Kommt es zu einem, für den Patienten passenden Organangebot so wird er telefonisch informiert und sollte innerhalb von 2-4 Stunden in der Chirurgischen Klinik zur Vorbereitung erscheinen.

Das neue Organ ist in einer speziellen Lösung bei 4°C gelagert in unser Zentrum transportiert worden und wird vor der Implantation entsprechend vorbereitet (back-table Präparation).

Durch den in Deutschland wachsenden Mangel an Spenderorganen werden zunehmend Organe transplantiert, welche eine eingeschränkte Organqualität haben (sog. marginale Organe). Diese können jedoch vor der Implantation durch den Anschluss an spezielle Maschinen verbessert werden. Hierbei gibt es 2 verschiedene Techniken. Die normotherme Maschinenenperfusion mit Blut bei 37°C (NMP) und die hypotherme Maschinenenperfusion bei 4°C mit Konservierungslösung (HMP), welche mit Sauerstoff angereichert wird. Wir nehmen seit Februar 2022 an einer Studie der Charité Berlin teil, in welcher beide Systeme miteinander verglichen werden (HOPE-NMP Trial). Die Organe werden vor der Implantation für ca. 4 Stunden an eine dieser Maschinen angeschlossen.

Bei der folgenden Lebertransplantation wird zunächst die vorhandene Leber entfernt, da das neue Organ an gleicher Stelle angeschlossen werden soll. Dies kann durch einen hohen Druck in der Pfortader, eine starke Blutungsneigung (Mangel an Gerinnungsfaktoren) oder Voroperationen kompliziert sein.
Nach Entfernung der alten Leber werden die präparierten Gefäße nach einer bestimmten Reihenfolge wieder angeschlossen (Vene, Pfortader, Arterie, Gallengang).
Die initiale postoperative Betreuung wird auf der Intensivstation durchgeführt. Nach Verlegung auf die Normalstation und stabiler Funktion der neuen Leber erfolgt nach ca. 2 – 4 Wochen die Entlassung in eine Anschlussheilbehandlung (AHB).

Wegen der Immunsuppression und der Gefahr von Komplikationen ist nach der Rückkehr aus der AHB eine engmaschige Anbindung an unser Zentrum in der Transplantationssprechstunde notwendig. Die Nachsorge ist zunächst sehr engmaschig kann aber im Verlauf auch in größeren Abständen durchgeführt werden.
Die immunsuppressive Behandlung ist sofort nach der Transplantation erforderlich und muss ein Leben lang weitergeführt werden. Die Medikamentenspiegel im Blut sollte engmaschig gemessen werden um eine ausreichende Wirkung zu garantieren und um eine Nierenschädigung zu vermeiden. Es werden meistens 2 Medikamente parallel eingenommen. Cortison wird früh ausgeschlichen.


Lebenserwartung nach Lebertransplantation

Die Einjahres-Überlebensrate nach Lebertransplantation liegt gegenwärtig bei über 90%, die Fünfjahres-Überlebensrate bei 80% und die Zehnjahres-Überlebensrate bei 70%. Die Überlebensraten steigen aber weiterhin durch Fortschritte in der Technik der Transplantation und Entwicklungen in der immunsuppressiven Therapie und sind abhängig von der Grunderkrankung.